Der Friseurladen

Ein Projekt der Optischen Anstalten
Dienstag, 13. September 2005
Der Sprachdienst: Haarige Angelegenheit?
Wem sind sie noch nicht aufgefallen, die oft ausgesprochen witzigen Bezeichnungen von Friseursalons? Ob es daran liegt, dass dieser Beruf täglich aufs Neue eine Menge Fantasie verlangt? Oder sind Friseure und Friseurinnen (oder sollen wir doch lieber sagen »Friseusen«?) von Natur aus besonders kreativ? Wie dem auch sei – die Vielfalt der Friseurnamen ist enorm und damit kann wohl kaum eine andere Branche mithalten.

Da gibt es die – zahlenmäßig größte – Gruppe, die sich um das Haar rankt: Neben den traditionellen Benennungen wie Haaratelier, Haarstudio und Haarsalon findet man das Haarzentrum und die Haarfabrik, den Haarschneider und die Haarschneiderei, die Haarschmiede, die Haarwerkstatt oder die Haarakademie. Mehr Schmunzeln rufen allerdings die (Vier) Haareszeiten sowie Namen wie Haargenau, Haarscharf und Um Haaresbreite hervor oder auch – leicht verfremdet – Haarlekin, Haarmonie, Haarley und OHaarA (teils auch in anderen Schreibweisen). Und da das Englische heute besonders in modeträchtigen Gebieten nicht fehlen darf, finden sich natürlich ähnlich gebildete englische Namen: neben schlichten wie Hairworld, Hair Emotion und Hairplanet so originelle wie Hairline, Hairport und Hairbase. Selbst die englische Aussprache kann man sich hier zunutze machen: Hairlich, HairGott, hin und hair, KaisHairlich, Komm-Hair, Hairkules.

Einige Friseur/-innen lösen sich von den Haaren im engeren Sinne und zielen gleich auf den umfassenderen Ort ihres Wirkens; sie nennen ihr Geschäft Kopflaus, Kopfsalat, Kopfarbeit oder, wieder englisch, Headhunter, Headline und Talking Heads – bei Letzterem wird allerdings die Kenntnis der Musikgruppe gleichen Namens um den Sänger und Gitarristen David Byrne vorausgesetzt, die vor inzwischen schon zwanzig Jahren ihre erfolgreichste Zeit hatte.

Zielgruppenunabhängiger sind dagegen die Schnitt-Wörter, die neben den Haar-Komposita, -Ableitungen und -Verfremdungen ebenfalls für originelle Namen sorgen: mit Präfix versehen als Abschnitt und als Kompositionsglieder in Zusammensetzungen wie Schnittpunkt, Schnittraum und Schnittstelle oder Formschnitt, Kaiserschnitt und Scherenschnitt. Die Schere findet sich übrigens ebenso im Scherenzauber oder (sehr schön bildlich) in der Mobilen Schere. Locker kommen auch Schnitt & Mehr, Schnitt & Schnack und Schnipp Schnapp daher, mundartlich gefärbt dagegen die Frankfurter Schnibbelstubb. Die gefundenen englischen Cut-Namen wirken dagegen trotz des bemüht modernen Touchs doch eher hausbacken: Cut & Curl, Cut & Style, Cutcompany und Co.

Einfallsreicher sind da die Bezeichnungen einer weiteren, bunten Gruppe, die wörtlich weder mit dem Gegenstand, den Haaren, noch dem Wirken, dem Schneiden, zu tun haben: So kann man zum haarstudio aufgedreht oder zum Friseur Adrenalin gehen (ob der Blutdruck erst dort oder schon vorher steigt?), beruhigt zum Salon Fähig oder guten Mutes zum Kahlschlag; wer’s eher unkonventionell mag, wählt den Friseur Struwwelpeter oder Mecki, bei den Friseuren Shamtwo kann man sich zwischen zweien entscheiden, oder man wählt Über Kurz oder Lang den Weg des geringsten Widerstands, nämlich Kurz und Schmerzlos.

Anja Steinhauer

QuelleGesellschaft für deutsche Sprache (GfdS)

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